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P.S.: „Fasten your seatbelts“ – Oder: Die neuen Leiden des jungen Flugreisenden

Geschrieben von Jan. Veröffentlicht in DAS FINALE

Veröffentlicht am 17. Februar 2014 mit noch keinem Kommentar

Beim Check-In zwei Stunden vorher die obligatorische Frage nach dem gewünschten Sitzplatz. Am Notausgang bitte. Alle reserviert? Wie ist das möglich, ich bin doch der erste in der Schlange und vorher reservieren konnte ICH nicht.

Im Flieger schnell ein paar Zeitschriften schnappen und das Handgepäck über den Sitzreihen verstauen. Die Tante auf meinem Fensterplatz lass ich lieber da sitzen, denn so wie die aus der Scheibe starrt, fliegt sie zum ersten Mal, oder ohne ihren Therapeuten. Kurz darauf kommt dann ein Typ, der seinen Anspruch auf den Platz am Gang energisch geltend macht. Jetzt sitze ich in der Mitte und muss die Schultern zusammenziehen. Beide Armlehnen sind belegt. Super gelaufen bis jetzt, Hurra!

Früher gab es vor dem Start noch eine Live-Performance für den Notfall. Herrlich – naja, außer, es handelt sich um den sonnenbankgebräunten blondgefärbten Quoten-Steward. Wo war doch gleich mein Focus? Nach dem Start immer das gleiche Spiel. Der Wichtigtuer in der Sitzreihe direkt vor mir fährt seine Rückenlehne kräftig nach hinten, kommt aber nicht weit, weil meine Knie im Weg sind. Reine Physik eben, zwei Körper können nicht zur selben Zeit am selben Ort sein. Er versucht es wieder und wieder, wird sichtlich nervös, begibt sich hektisch und leise fluchend auf Fehlersuche, während ich gleichgültig blätternd mit dem Focus beschäftigt bin.

Die Warteschlange vor den Toiletten wird größer, schon fünf Pennälerblasen voluminöser Frauen und kleiner Kinder warten ungeduldig darauf, entleert zu werden. Schließlich sind wir schon 10 Minuten in der Luft. Am besten, ich stell mich mal auch an, man kann ja nie wissen, wie lange die Schlange noch wird. Als ich zum Platz zurückkehre, hat der Wuschelkopf vor mir seine Rückenlehne fast in der Horizontalen und freut sich sichtlich triumphierend. Zum Glück kommt auch schon der Service. Die Rückenlehnen bitte in die aufrechte Position bringen. Nein, Putenbrust mit Salat mag ich nicht, danke, wie sieht es mit Nudeln aus? Gibt’s nicht mehr? OK, macht nichts, ich habe noch einen Snickers im Handgepäck. Und davon huste ich meinem Sitznachbarn später einen halbzerkauten Bissen in schleimigem orange-braun versehentlich auf die Hose. Zum Glück schläft der gerade tief und fest und keiner hat was mitbekommen.

Nach der Landung springen zwei Drittel aller Passagiere wie von der Tarantel gestochen auf, reißen ihr Handgepäck heraus, schlüpfen in ihre Jacken und müssen dann noch länger darauf warten, dass der Quoten-Steward die Tür freigibt. Der Rest bleibt gelassen sitzen, bis sich das Bild lichtet. Ein Öko-Pärchen in Reihe 27 muffelt noch in Ruhe das Käsebrötchen zuende, während die Mutti weiter vorn die vollgekackte Pampers ihres Juniors für die Nachwelt unauffällig unter dem Sitz archiviert.

„Reisen veredelt den Geist und räumt mit allen unserer Vorurteile auf“, meinte einst der irische Schriftsteller Oscar Wilde (1854 – 1900). Er muss sich geirrt haben, mit Sicherheit ist er nie geflogen.

Die Gepäckausgabe ist umringt und umkämpft von denen, die vor nichts auf der Welt mehr Angst haben als davor, dass sie ihren Koffer vorbeifahren sehen und dann nicht rankommen. Und womöglich kommt er auch kein zweites Mal vorbei und verschwindet auf Nimmerwiedersehen hinter dem schwarzen Vorhang an der Wand. Angeblich alles schon vorgekommen!

Endlich draußen. Am Taxistand unweit der Autovermietung berichtet mein Sitznachbar dem Fahrer lautstark beim Beladen des Fahrzeugs, wie asozial Fliegen heute geworden sei, und dass ihm heute im Flieger jemand unbemerkt Schokolade auf die Hose gekotzt hätte, das müsse man sich mal vorstellen. Früher sei das noch alles anders gewesen.

Da hat er Recht. Jetzt bloß schnell weiter zum Autovermieter. Einen guten Flug wünscht Ihnen Ihr

Jan Prollius

 

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