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P.S.: „Grüß Gott Herr Kapellmeister und Prost Du Sack“ … oder: Augen auf beim Oktoberfest!

Geschrieben von Jan. Veröffentlicht in DAS FINALE

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Veröffentlicht am 24. September 2011 mit noch keinem Kommentar

Wir hatten uns im letzten Jahr allerbestens auf das Oktoberfest vorbereitet. Meine Frau hatte sich von ihrer Freundin Rosi ein fesches handgenähtes Dirndl in silber-schwarz geborgt (das „Gute für Silvester“) und die Haare hochgesteckt, unser sechsjähriger Sohn hatte den Münchener Oktoberfest-Filzhut bereits tief in die Stirn gezogen und summte fröhlich hüpfend vom Hofbräuhaus, das in München steht, oans, zwoa, gsuffa. Unser reservierter Tisch wartete bereits ordentlich eingedeckt auf uns. Und bald müssten auch unsere Freunde kommen, die die zehnköpfige Runde komplettieren würden. Besonders freuten wir uns auf Hermann aus Oberbayern, ein großer und kräftiger Urbayer mit stets authentischem Dialekt und tiefer sonorer Stimme. Seine graumelierte Haarpracht hatte er meist unverwechselbar zum Pferdeschwanz gebunden, und das original bayerische Outfit war für ihn zu jeder Jahreszeit obligatorisch und einzigartig. Singen konnte er auch, und er würde an diesem Abend sogar auf der Bühne stehen und für die gute Laune sorgen.

Ein langer Abend voller guter Laune mit echten Highlights bayrischer Lebensart lag also vor uns. Eine Stunde und drei Humpen Oktoberfestbier später. Herman kam nicht, dafür stieg der Druck in meiner Blase, also war es an der Zeit, für erlösende Abhilfe zu sorgen. Auf dem Weg zur örtlichen Bedürfnislocation sah ich ihn dann von hinten im Gang rechts an einem anderen Tisch sitzen. Er schien sich köstlich zu amüsieren, gestikulierte wild lachend mit Händen und Füßen. Mit fremden Leuten, die sich noch mehr aufgebrezelt hatten als wir. Na warte, das gibt Saures. „Ja, grüß Gott Herr Kapellmeister“, hör ich mich also laut, noch einigermaßen lallfrei und deutlich in akzentfreiem Bayrisch sagen, und klatsche ihm meine rechte Hand von hinten auf die rechte Schulter wie Grobi aus der Sesamstraße dem wehrlosen Frosch Kermit. Er zuckt zusammen, rührt sich aber nicht, also nehme ich auch die linke Hand zur Hilfe, patsche sie auf seine linke Schulter und massiere ihm kräftig den Nacken, grüße dabei freundlich nickend in die mir gänzlich unbekannte Runde, unterbreche die Nackenmassage von Zeit zu Zeit mit kleinen aber liebevoll strafenden Backpfeifen links und rechts und bestaune anerkennend die prachtvollen Erscheinungen seiner farbenfroh bedirndelten und göttlich tief dekolletierten Begleiterinnen. „Du Sack“, schimpfe ich also weiter, „Deine liebe Frau lässt Du daheim und amüsierst Dich hier ganz allein und heimlich mit soviel holder Weiblichkeit. Willst Du mich gar nicht mal vorstellen? Du Hund!“

„Behutsames Schweigen ist das Heiligtum der Klugheit” – Baltasar Gracián y Morales (1601-1658), spanischer Philosoph und Schriftsteller

Das wollte er aber irgendwie nicht so recht. Als er langsam aufstand und sich dann wütend umdrehte, wurde auch prompt klar, wieso. Hermann sah heute ganz anders aus als sonst. Der Vollbart schien neu zu sein. Und überhaupt – oha, das war er ja wirklich gar nicht, sondern lediglich sein perfektes Double. Naja, zumindest von hinten. So irgendwie. Jetzt aber nichts wie weg, schießt es mir noch durch den Kopf, sonst findet dieser Abend gleich ein jähes Ende… Baltasar Gracián y Morales (1601-1658), der spanische Philosoph und Schriftsteller, hätte helfen können. „Behutsames Schweigen ist das Heiligtum der Klugheit” würde er mir womöglich unter vorgehaltener Hand zugeraunt haben. Egal, zu spät war es allemal. Mein persönlicher Tipp: Halten Sie im Oktober stets die Augen offen und die Zunge im Zaum, sonst gibt’s womöglich noch was auf die Ohren.

In diesem Sinne, Ihr Jan Prollius

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